Mit großer medialer Begleitung präsentierte das Amt für Betrugsbekämpfung jüngst seine Jahresbilanz: Über 100 Millionen Euro an Nachzahlungen wurden erwirkt. Was als Erfolgsmeldung verkauft wird, wirft jedoch einen besorgniserregenden Schatten auf den Umgang des Staates mit seinen Bürgern.
„Wenn Häuslbauer, die oft unwissentlich mit problematischen Baufirmen kooperieren, zum Prüffall der Steuerbehörden werden, während internationale Digitalkonzerne in Milliardenhöhe legale Steuervermeidung betreiben, dann läuft etwas grundsätzlich falsch“, warnt der Nationalratsabgeordnete. Der Rechtsstaat dürfe nicht dort seine Schlagkraft entfalten, wo sie den geringsten Widerstand finde, sondern dort, wo der volkswirtschaftliche Schaden am größten sei.
Tatsächlich beziffern Studien den jährlichen Verlust durch internationale Steuergestaltungstricks auf bis zu zwei Milliarden Euro. Ein Vielfaches dessen, was derzeit bei kleinen Bauträgern, Vereinen und Einzelfällen eingenommen wird. „Statt den Mittelstand zu gängeln, sollte man sich die teilweise atemberaubenden Möglichkeiten ansehen, mit denen Großkonzerne ihre Steuerlast nahezu auf null senken. Dieses Feld wäre nicht nur ergiebiger, sondern auch gerechtfertigter“, so Petschnig.
Besonders bedenklich erscheint, dass auch gemeinnützige Vereine, die oft ehrenamtlich getragen werden, zunehmend Zielscheibe fiskalischer Ermittlungen werden. „Der Eindruck, dass jede Bürgerinitiative, jeder Dorfverein unter Generalverdacht steht, zerstört Vertrauen und bremst zivilgesellschaftliches Engagement.“
Selbstverständlich muss Steuerbetrug konsequent bekämpft werden. Doch der Staat darf nicht zum Raubritter gegenüber jenen werden, die ohnehin schon die Hauptlast des Systems tragen: der arbeitenden Bevölkerung, der Unternehmer und den Familien, die sich den Traum von den eigenen vier Wänden erfüllen wollen.
„Die Grenze zwischen Kontrolle und Übergriff ist schnell überschritten“, so Petschnig weitblickend. „Wir fordern Augenmaß, Verhältnismäßigkeit und ein konsequentes Vorgehen dort, wo sich der große Schaden wirklich verbirgt: bei den internationalen Konzernen mit globaler Steuervermeidungsstrategie.“